Die Salongesellschaft ist Teil der historischen Kultur der europäischen Metropolen, insbesondere in Berlin, Prag, Wien und Paris. In der böhmischen Metropole gehörte zu dem berühmtesten Etablissement der Salon der Prager Schriftstellerin Berta Fanta, der sich im Haus “Zum Einhorn“ am Altstädter Ring befand. Im Erdgeschoß führte Max Fanta eine Apotheke, in der bel étage, war die Privatwohnung der Familie. Hier führte Ehefrau Berta einen kulturellen Salon, wo sie in dem Vertrauen in die europäische Zivilisation jede Woche eine auserlesene Gesellschaft zum Musizieren, zu Vorlesungen und geistreichen Diskussionen eingeladen hatte.
In diesem Salon fanden sich viele bekannte Prager Intellektuelle und Liberale ein, aber auch deutsch sprechende Persönlichkeiten wie z. B. Franz Kafka, Max Brod oder Rudolf Steiner. Aber auch Albert Einstein, der in den Jahren 1911 und 1912 als Professor der theoretischen Physik für drei Semester an der Prager Universität arbeitete und in Prag lebte.
In diesen Salons wurde hauptsächlich deutsch gesprochen, da die tschechische Sprache zu dem Zeitpunkt noch nicht “salonreif“ war. Es ist bekannt, dass auch František Palacký, die einflussreichste Person der tschechischen nationalen Wiedergeburt, genannt “Vater der Nation“, in den Salons deutsch gesprochen hatte. Genauso überrascht auch, dass beim Bau vom Nationaltheater in Prag Ende des 19. Jahrhunderts – der aus der Spenden finanziert wurde – zwischen den Architekten, Künstlern und allen, die an dem Bau beteiligt waren, mangels der tschechischen Fachbegriffe deutsch gesprochen wurde.
Oben links: Tomáš Drahoňovský, Stephan Halada, Silke Horak, Danuše Siering, Dr. Tomáš Sacher, Wolfgang Karl Bremm von Kleinsorgen, Lia Halada.
Der erste Tschechisch-Deutscher Salon in Prag-Berlin möchte an die lange Tradition der Salonkultur anknüpfen und regelmäßig Treffen von führenden Persönlichkeiten aus Deutschland und aus Tschechien veranstalten. Am 2. Juni fand die Premiere in der Prager Galerie Černá Labuť statt. Die Gründerin des Salons Dr. Danuše Siering führte mit Dr. Marcus Schulz eine Diskussion über die Geschichte des Berta Fanta Salons; mit Silke Horak sprach sie nicht nur über das Buch “Die Mauer zwischen uns“, welches in derem Verlag Albatros bilingual herausgegeben wurde, sondern auch über die Zukunft der Bücherverlage allgemein, angesichts der Frage – Papier oder Online?
Dr. Tomáš Sacher, der Direktor des Tschechischen Zentrum in Berlin, hat über die Notwendigkeit der persönlichen Kommunikation und intelektuellen Austausch gesprochen und zur Fortsetzung der Gespräche dorthin zum herbstlichen Salon eingeladen. Zu den geschätzten Podiumsgästen wird auch der tschechische Botschafter, S.E. Tomáš Kafka, erwartet.
Oben links: Angelika Ridder, Dr. David Michel, Jörg Lüdorf, Annette Reisfelder, Jan Müller, Vincent Siering, JUDr. Zdeněk Šponar, Dr. Marcus Schulz.
Heutzutage ist Europa vernetzt. Umso wichtiger ist ein gegenseitiges Verständnis zwischen Nachbarn. “Wir glauben, dass gerade jetzt, im Medienzeitalter des 21. Jahrhunderts, die Renaissance der Salons wesentlich zur Völkerverständigung beiträgt,“ sagt Danuše Siering. “Tschechisch-Deutscher Salon soll ein unmittelbares und vertrauliches Forum für den Austausch von der kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ideen zwischen Prag und Berlin sein.“
Foto: Jiří Šeda