Der Geschmack des deutschen Weinkonsumenten ändert sich. Der Nationalstolz ist schuld, aber auch der Klimawandel

„Während der Pandemie ist der Sektverkauf radikal gesunken. Der Hauptgrund war vor allem keine Möglichkeit zum treffen und feiern,“ sagt Bärbel Weinert, Direktorin des Weingutes Prinz von Hessen in Johannisberg in der weltbekannten Rheinland-Weingebiet. Die Deutschen entdecken zunehmend die Roséweine. Vielleicht liegt das auch am Klimawandel – sie wollen einfach leichtere Weine trinken. Darüber hinaus gibt es auch eine wachsende Nachfrage nach Weißweinen mit geringerem Alkoholgehalt.

Wie ist der typische Weinliebhaber in Deutschland?

Es war sehr lange so, dass der klassische Weintrinker männlich und eher älter war. In dieser Gruppe wurden dann trockene Weine bevorzugt und es wurde mehrmals wöchentlich getrunken. Heute würde ich aber schon sagen, dass sich das mehr aufgeweicht hat. Der Durchschnittspreis für Wein ist in Deutschland doch sehr niedrig und die Masse wird über den Discount bzw. Supermarkt verkauft. Leichtere Weine mit etwas Restsüße besetzen dieses sehr große Marktsegment. Zum Großteil sind dies ausländische Weine. Dennoch ist nun seit vielen Jahren ein deutliches Wachstum für unsere eigenen Deutsche Weine klar festzustellen und das Segment der Deutschen Weine wächst ganz klar. Das freut uns natürlich, dass die Deutschen Ihren Patriotismus für Deutsche Weine entdeckt haben.

Bevorzugen die Deutschen ihre Weine vor den ausländischen?

Lange Zeit wurden tatsächlich die ausländischen Weine bevorzugt. Gerade im Segment Rotwein griff der Deutsche eher zu den ausländischen Weinen. Aber das hat sich sehr stark geändert und der Deutsche Weine hat in seinem eigenen Land wieder seine wohlverdiente Bühne bekommen.

Welche Weinsorten spielen – neben dem Riesling – in Deutschland eine führende Rolle?

Im Weißweinbereich ist klar der Riesling als erstes zu nennen, gefolgt von den weißen Burgundersorten wie Grau- & Weißburgunder. Je nach Region dann Silvaner und Müller-Thurgau und natürlich zunehmend auch Chardonnay. Im Rotweinbereich sind Spätburgunder und Dornfelder zu nennen. Alle anderen Rebsorten haben ja nach Region Schwerpunkte aber national betrachtet gehen die anderen Sorten doch eher unter.

Bärbel Weinert, Direktorin des Weingutes Prinz von Hessen.

Die Deutschen sind auch große Sektenliebhaber – wissen Sie warum?

Ja das ist wirklich ein eher merkwürdiges Phänomen. Vor allem da wir Deutschen den Sekt fast aussschließlich anlassbezogen einkaufen und trinken – sprich wir brauchen für Sekt immer einen Anlass wie Silvester oder einen Geburtstag. Dass wir einfach so Sekt trinken ist doch sehr selten und die Ausnahme. Deswegen hat unser Sektgeschäft in Deutschland auch nun in der Pandemie gelitten, da einfach nicht mehr gefeiert wurde. Aber an sich gehört bei uns der Sekt zu jedem festlicheren Anlass einfach zu!

Ihr Weingut hat eine lange Tradition und Geschichte, großartige Weinberge und ausgezeichnete Weine. Fühlen Sie überhaupt eine Konkurrenz?

Oh ja! Ich würde das auch sehr bedenklich empfinden, wenn wir keinerlei Antrieb mehr hätten. Einfach sich nur noch ausruhen auf dem Erreichten halte ich für brandgefährlich und das würde auch dem Weingut in keinster weise gerecht werden. Es ist schon richtig, dass wir mit einzigartigen Lagen aufwarten können, aber es gilt auch jedes Jahr aufs Neue das Beste aus den Lagen herauszuholen. Ansonsten ist es nicht der Konkurrenz-Gedanke, der uns antreibt, sondern unsere eigene Motivation und unsere Definition von Qualität.

Wie sollte der richtige Riesling Ihrer Meinung nach schmecken? Und mit welchem sollte man anfangen, wenn man den Riesling noch nie getrunken hat?

Ich persönlich trinke am liebsten trockene Rieslinge und auch gerne traditionell im großen Holzfass ausgebaut. Bei uns auf dem Weingut ist der VDP GUTSWEIN Riesling trocken der klassiche Einstieg in unsere Riesling-Welt. Danach sollte man dann unbedingt mal unseren Riesling Kabinett Royal probieren. Hier arbeiten wir im Vergleich zu den GUTSWEINEN mit einer spontanen Vergärung und der Ausbau findet in klassichen großen Holzfässern statt. Hierduch bekommt der Riesling eine würzige Tiefe und Länge.

Was sind in Deutschland die aktuellen Trends in Weintrinken?

Wir Deutschen entdecken zunehmen den Rosé für uns. Ich glaube dies ist auch der Klimaveränderung geschuldet, da man einfach leichtere Weine haben möchte. Auch Weißweine nicht so hoch im Alkoholgehalt werden verstärkt nachgefragt.

Ist Wein ein Bestandteil des deutschen Lebensstils geworden?

Also auf Gesamt-Deutschland würde ich das so eng nicht bestätigen wollen. Da gibt es doch sehr große regionale Unterschiede. In Weinanbaugebieten ist dies definitiv so, dass Wein einfach dazu gehört und seinen festen Platz als Genussmittel inne hat. Aber tendenziell würde ich schon sagen, dass Wein einen festen Bestandteil in der Deutschen Genusskultur hat.

Zu welchem Menü würden Sie den Riesling empfehlen?

Ich trinke meinen Riesling auch sehr gerne solo! (smile) Aber als Essensbegleiter macht sich der trockene rassige Riesling sehr gut zur Vorspeise oder auch als Aperitif. Die Säure ist apetitanregend. Wenn man Riesling zum Hauptgang kombinieren möchte, dann sollte es schon ein sehr gehaltvoller Riesling aus dem Holz sein. Dann kann der Wein auch wunderbar z.B. Kalb- oder Fischgerichte begleiten. Ansonsten kann ich aber nur jeden dazu ermutigen sich einfach auszuprobieren: Erlaubt ist was schmeckt!

Welche Pläne gibt’s aktuell im Weingut Prinz von Hessen?

Wir haben letztes Jahr damit begonnen das Weingut auf einen kompletten BIO Betrieb umzustellen. Wenn alles nach Plan läuft, dann können 2023 den ersten kompletten BIO Jahrgang in die Flasche füllen. Das ist natürlich schon ein sehr großer und aufregender Schritt für uns. Aber wir sind davon überzeugt und freuen uns auch schon sehr auf die ganzen Erfahrungen, die wir auf unserem Weg sammeln werden.

Foto: Weingut Prinz von Hessen

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