Dialog mit der Zeit

Der Kunstfotograf Pavel Baňka und die Bildhauerin Jindra Viková haben einen ungewöhnlich „gewöhnlichen“ Weg durch ein gemeinsames Leben aufgezeichnet. Die sich gegenseitig inspirierenden Partner führen einen Dialog miteinander und mit der Zeit. Ihre Interaktion illustriert die für die Galerie U Betlémské kaple vorbereitete große retrospektive Ausstellung Dialog mit der Zeit sowie der bereits erschienene gleichnamige Katalog.

Ihr bereitet eine gemeinsame Ausstellung und einen Katalog unter der Bezeichnung Dialog mit der Zeit vor. Worum geht es?

Über die Zeit, mit der unser Dialog geführt wird, haben wir uns einst kennengelernt. Es begann die Beziehung eines zunächst jungen Burschen und eines jungen Mädchens, später eines Mannes und einer Frau, aber auch der Dialog eines Fotografen und einer Bildhauerin mit großen Überschneidungen zu anderen Medien. Der Dialog mit der Zeit wird eigentlich auf zwei Ebenen geführt. Eine sind unsere eigenen Leben, wie sie fließen, sich mit denen anderer Menschen überschneiden, mit Ereignissen, dem Erkennen der Welt in unseren persönlichen Koordinaten. Die zweite sind Forschungen, die Suche mittels unseres eigenen Schaffens, das indirekt widerspiegelt, wie wir leben, unsere Sehnsüchte nach Werten, die unzugänglich scheinen, nach Aufdeckung von Rätseln, die uns unsere Kunst so nebenbei mit aufgibt. Wir haben beide den großen Vorteil, einander Stütze zu sein, was Inspiration und Kritik angeht. Wir würden wahrscheinlich beide etwas ganz Anderes machen, wenn wir nicht zusammen wären.

Ihr habt euch 1968 kennengelernt und geheiratet. Wie war das?

PB: Jindra war im vierten Studienjahr an der Kunsthochschule UMPRUM, ihr fehlten noch zwei Jahre. Das waren wilde Zeiten, ihre Eltern willigten ein, und wir gaben uns auf dem Standesamt in Prag 9 das Jawort, nur mit zwei Zeugen, wobei die richtige Hochzeit in Italien nachgeholt werden sollte. Dann kam der Prager Frühling, voller Hoffnung, und wir erhielten etwas fast Unmögliches – die Erlaubnis für eine Reise und eine Devisenzusage. Das war am 20. August 1968. Während unserer Hochzeitsnacht kamen russische Panzer. Wenige Tage später, die wir in Prag verbrachten, machten wir uns schließlich zu der lang ersehnten Hochzeitsreise nach Italien auf. Für unser Auto Chevrolet Roadster, einen wunderschönen Oldtimer aus dem Jahr 1931, fehlte der Schlüssel. Er war mir bei unseren Spaziergängen durch Prag irgendwo aus der Tasche gefallen. Ich stieg durch das Faltdach ins Auto ein. Dann habe ich den Kontakt herausgezogen, gezündet und bin wie ein Profi-Dieb davongefahren. So legten Jindra und ich den gesamten Weg zurück, bis nach Rom, dort schliefen wir irgendwo im Park, in Schlafsäcken. Schön waren auch die Begegnungen mit Menschen, die uns überall bejubelt haben.

Wie begann eure künstlerische Karriere?

JV: In den 80er Jahren bot sich die Gelegenheit einer zeitweiligen Arbeit im Architekturbereich. Das war nicht leicht, eine Kommission hatte das Sagen, die viele Sachen verwarf. Erstaunlicherweise ging ein Schamott-Mosaik an der Ostfassade des Altstädter Rathauses durch. Sich in der Welt einen Namen zu machen, war damals ein großes Problem. Mir hat geholfen, dass ich 1981 einen bedeutenden internationalen Preis im italienischen Faenza erhielt. Das starre System wurde manchmal weich, wenn es um internationales Ansehen für den Staat ging.

PB: Ich war kein Reporter, der durch die Straßen gerannt wäre und fast alles geknipst hätte, was er vor die Linse bekommt. Mich haben immer vor allem Menschen und ihre Gesichter, ihr Ausdruck, interessiert. Das ist mir später, während eines Aufenthalts in den USA, sehr zupass gekommen. Dann war ich noch einmal in den USA im Zentrum Light Works, Syracuse, wo ich mich vor allem Porträts, insbesondere von Kindern schwarzer Hautfarbe und Teenagern, gewidmet habe. Diese Organisation war uns später Vorbild bei Gründung einer Zeitschrift, Galerie und des Festivals Fotograf in Prag. 1994 gründete ich das eigene Fotografie-Atelier der J.-E.-Purkyně-Universität in Ústí nad Labem.

Was würden Sie jungen Künstlern mit auf den Weg geben?

Es ist schwer, der jungen Generation Ratschläge aus der Position imaginärer Weisheit aufgrund des Alters zu erteilen. Wichtig ist vor allem, nicht Trends zu folgen, sondern zu arbeiten, weil man etwas Eigenes mitteilen möchte.

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