Wir in Berlin haben den Covid wissenschaftlich bekämpft. Und wir landeten genau wie Prag

Ahoj, jak se máš. Wir sind ein Berliner Möbel- und Requisitenfundus für Film, Werbung und Events, wobei „Event“ als Begriff seit über einem Jahr kaum mehr gebräuchlich ist, weil keine Events mehr stattfinden, zumindest nicht physisch. Man versucht im Gegenteil seit dem 24.04. in Berlin ab 22:00h die Urform des Events, die bloße menschliche Begegnung, durch eine Ausgangsperre zu verunmöglichen, das gab es zuletzt 1953 beim Arbeiteraufstand in Berlin unter sowjetischer Besatzung.

Tags zuvor am 23.04. hatten sich 53 teils prominente deutsche Schauspieler gegen die fragwürdigen Coronamaßnahen der Bundesregierung erdreistet (#allesdichtmachen), mit witzig selbstgedrehten Dada-Filmchen ihrem Frust Luft zu machen und Kritik anzubringen, was umgehend von der dominierenden Covid-Allianz in den medialen Netzwerken niedergebrüllt wurde. Die Vorwürfe an die Nestbeschmutzer reichten übers ganze Spektrum, von der Bezichtigung einfältiger Weltfremdheit bis zur Schuldsprechung für zigtausend Covid-Tote. 

Die Aktion hat Konfliktlinien verschoben. Bei der laut auftretenden unimedialen Fraktion der entrüsteten Deutschen ist es derzeit sehr beliebt, alle, auch die seriösen Kritiker moralverengter Meinungen, etwa über Grenzen, Klima, Kultur oder Covid, in die „Rechte Ecke“ zu stellen, und so erging es nun den missverstandenen, seit je dem linken politischen Lager nacheifernden Schauspielern, die sich am Tag nach ihrer Aktion im falschen Film wiederfanden, dessen Drehbuch dem angstmachenden Credo der Qualitätsmedien folgt, alle Coronakritiker seien Nazis. So sahen sich die dem Salonkommunismus ihrer saturierten Kulturkaste für einen Moment entflohenen Darsteller plötzlich von der eigenen Cancel Culture bedroht. 

Lockdown hat uns fast die Existenz gekostet

Seit nunmehr fast 10 Jahren buchen Prager Film- und Werbeproduktionen bei uns in Berlin Möbel und Requisiten für ihre Ausstattungen und der weite Weg scheint sich zu lohnen. Am Traffic auf unserer Site erkennt man, wie sich die Industrie des internationalen Films und des Advertisings weiter nach Osten verschiebt, was der umtriebigen und fleißigen Stadt an der Moldau, die bereits vor Deutschland zur Elbe wird, gut ansteht. Als nachhaltiges Unternehmen macht es uns stolz, an dieser Qualitätsachse Prag – Berlin teilhaben und mitgestalten zu dürfen und wir sind glücklich, dass die Lockdowns in 2021 im Gegensatz zum ersten Lockdown von März bis Juni 2020 kein totales Verbot unserer Aktivitäten bedeutet. 

Im ersten Lockdown ‘20 kam es zu absurden Situationen, so konnten LKWs unsere Konglomerate aus großen Produktionen nicht nach Berlin zurückliefern, weil sie nicht über die Grenze gelassen wurden, wodurch die auf Zeit geliehenen Gegenstände mit Verspätung in unseren Fundus zurückkamen, was zu enormen Mehrkosten für die tschechischen Partner geführt hätte, wenn wir damit nicht kulant umgegangen wären. Unsere Vermieter der Fundusfläche in Berlin hingegen haben während viereinhalb Monaten nicht einen Cent unserer fünfstelligen Miete nachgelassen, in denen wir ganze zwei – ich wiederhole, zwei Stühle vermietet hatten. 

Das hätte uns damals fast die Existenz gekostet. Um diese existenzielle Problematik geht es bei Covid neben den Lockdowns nämlich auch. Nicht nur die zahlenmäßig unter einem Prozent der Gesamtbevölkerungen liegenden Opfer der Krankheit sind es, denen staatliche Maßnahmen folgen sollten, sondern es sind auch die vielen anderen Menschen, die leiden aufgrund fehlender Perspektiven im Leben und Arbeit, aufgrund zunehmender Einsamkeit und Isolation wie bei den Alten, oder aufgrund des Freiheitsentzugs bei Jungen, denen man die wichtigsten Jahre stielt, einfach präventiv Entwicklung durch Begegnung verbietet. 

Magie mit Zahlen

All das hat zurückzustehen hinter die Maßnahmen der Regierung, die in Deutschland gerade dabei ist, unser Föderales System auszuhebeln, um alleinherrschend Notstandsverordnungen durchzusetzen, ohne sich mit den Bundesländern vorher abstimmen zu müssen. Ein gefährlicher Schritt, dessen Ergebnis bei Missbrauch zu fatalen Folgen führen könnte. 

In Deutschland ist neuerdings von offizieller Seite die Rede vom sogenannten „Inzidenzwert“, der den Ansteckungs-, also Reproduktionswert, den sogenannten R-Wert, als allein gültiger Erkennungswert für die Wucht der Pandemie abgelöst hat. Hier handelt es sich um die Anzahl Erkrankter je 100Tausend, und der wurde in Deutschland anfangs auf 50 festgeschrieben, also auf 0,002%, die bereits Lockdownmaßnahmen rechtfertigten. Gleichzeitig begannen endlich Massentests und da es logisch ist, dass der Anteil positiv Getesteter mit der Zahl der Testungen ansteigt, hätte man in die Bewertung der neuen Zahlen als weitere Bezugsgröße das Verhältnis der Anzahl der Testungen im zeitlichen Verlauf zur Gesamtbevölkerung einbeziehen müssen, damit daraus keine „Milchmädchenrechnung“ wird. 

Irgendwie scheint aber seit Beginn von Corona in der Berichterstattung immer ein Quotient zu fehlen, der die Zahlen ins richtige Verhältnis zueinander und damit die Situation ins rechte Licht setzt. Was sagen denn 5000 Tote in Brasilien oder 50000 Tote in Indien aus, wenn mir wichtige Bezugsgrößen, wie die Bevölkerungsanzahl oder der Vorjahresvergleichswert fehlen?

Der Inzidenzwert von 50 wurde, als der erreicht war, auf 35 herabgesetzt, woraufhin er, als die Infektionszahlen rasant anstiegen, auf 100 festgeschrieben wurde, was von außen willkürlich anmutet und sich nicht nach Gefahrenvermeidung, sondern nach einem Arrangement mit den jeweiligen Gegebenheiten anfühlt. Ähnlich der Maskenproblematik zu Anfang der Pandemie, als die politischen Führer und Virologen im Frühjahr ‘20 bei akutem Maskenmangel behaupteten, die seien ohnehin nicht hilfreich, da sie für die tödlichen Viren zu durchlässig seien. Als Masken endlich in ausreichender Masse beschafft worden waren, in Deutschland hatte man davon plötzlich viel zu viele, trat dagegen eine regelrechte Maskenpropaganda los, was nach außen wirkte, als würden die Masken nun wegen der enormen Überhänge wie Sauerbier angeboten. Schnell wurde klar, dass unsere Ministerialangestellten offensichtlich nichts von wirtschaftlichem Einkaufen verstehen, was sich später bei der Vaccinbeschaffung ähnlich peinlich wiederholte. 

Und was mit falscher Positivität?

Was mir bis heute keiner erklären konnte, auch kein Tscheche, ist folgendes: Alle Welt weiß doch, dass Tests eine Falschpositivrate von 2% nach sich ziehen, dass also einer von 50 Getesteten eigentlich negativ ist, obwohl er positiv getestet wurde. Ein sämtliche einschränkenden Maßnahmen erlaubender Inzidenzwert von 100 besagt, dass nach Testungen einer von 1000, also 0,1% Corona hat, ob nun nachgewiesen mit toten Virenstämmen und/oder null Symptomen. Was wenn dieser eine aber nun falschpositiv ist? Was passiert dann hochgerechnet mit dem Inzidenzwert? Richtig, er müsste um den Quotienten 1:50 korrigiert werden, aber wird er das? 

In Tschechien waren vor Weihnachten die Geschäfte und Restaurants offen wegen der Nöte der Bevölkerung und weil die Staatspleite drohte. In Deutschland wurde am 16.12. der Einzelhandel geschlossen wegen der Nöte der Regierung und trotz der drohenden Pleiten im Einzelhandel. Ostern sollte in Deutschland fünf Tage lang alles geschlossen werden, was schnell wieder zurückgezogen wurde und zu Merkels erster Entschuldigung in 16 Jahren Regierungsverantwortung führte, sonst wären die Menschen in den Städten auf die Barrikaden gegangen. Der Deutsche ist, was die Fehler seiner Regierungen betrifft, geduldig wie ein Lamm.

Es zeigt sich, dass trotz der unterschiedlichen Gegenmaßnahmen heute doch recht ähnliche Inzidenzen in beiden Ländern herrschen und das müsste den politischen Eliten endlich die Augen dafür öffnen, dass unterschiedliche Maßnahmen zu ähnlichen Ergebnissen führen können, was den Maßnahmen entschieden ihre Alleingültigkeit nimmt.

Wir hier in Berlin und unsere Partner in Prag sehnen uns nach Normalität, denn sie gibt uns die Planungssicherheit, unsere Familien und die Familien unserer Angestellten und Zulieferer so zu versorgen, dass wir alle überleben können.

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