Designer Miro Pistek: Gegenwart als Inspirationsquelle

Seit Jahrzehnten entwirft und gestaltet Miro Pištěk Ideen für Unternehmen, Institutionen und Golfclubs. Es ist kein Zufall, dass sich sein gemütliches Atelier inmitten der Loreta-Häuser des Golfclubs Pyšely befindet. Dort hat ihn auch seine Tochter Kiki getroffen.

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Papa, wenn man dich nach deiner beruflichen Tätigkeit fragt, antwortest  du mit dem Satz: „Ich verändere die Welt“. Was meinst du damit?

Als kleiner Junge wollte ich Prinz werden, um die Welt zu verändern. Ich war davon überzeugt, dass ich so wirklich Einfluss auf die Menschen haben würde.

Und einige Jahre später hast du die Welt der Kunst entdeckt… 

Bilder waren für mich immer die lesbarste Sprache – und das hat sich bis heute nicht geändert. Weil ich eine gewisse Beobachtungsgabe hatte, habe ich gezeichnet, modelliert, geformt und beeinflusst. Es ist ein bisschen  wie beim Schreiben von Liedertexten. Sie entstehen in der Stille des Ateliers und nehmen dann eine Eigendynamik an.

Mit 70 Jahren strotzt du nur so vor Kreativität. Woraus schöpfst du das?

Die mathematische Vorstellungskraft von 70 Jahren ist nicht meine starke Seite. Außerdem fühlt  es sich an wie eine  Begegnung mit verstaubter Geschichte.Das, was mich umtreibt, ist die Zukunft. Wie könnten die Dinge verständlicher sein? Was könnten sie besser funktionieren? Wie könnten Restaurants, Hotels, Golfclubs oder Boutiquen tun, damit sich Besucher und Mitarbeiter bringen, sich menschlicher fühlen? Es ist gerade die Gegenwart, die mich immer inspiriert, an der Zukunft zu arbeiten.

Designer Miro Pistek. Foto: Michaela Dzurná

Hat der Begriff „Heimat“ eine andere Bedeutung für jemanden, der in das Land, in dem er geboren wurde und aus dem er fliehen musste, nach fast 40 Jahren zurückkehrt?

Gott, „die Heimat“. Auch wenn das ein bisschen folkloristisch, ein bisschen nationalistisch klingt, gibt es sie  doch für mich. Sie ist der Ort, an dem  ich aufgewachsen bin und  die Welt intensiv aufgesogen  habe. Wo sich meine Erlebnisse und Erinnerungen abspielen, wo ich meine Lieben zum ersten Mal berührt habe. Es ist der Ort, an dem mein Kind aufgewachsen ist. Sie ist in mir. Meine Heimat reist mit mir. Nordböhmen, Prag, Bayern, Bayreuth, München, Berlin, Potsdam, Deutschland, das zivilisierte Europa. 

Wenn ich heute in Pyšely bei Prag wohne, ist auch das meine Heimat. Meine Frau Kristina und ich haben hier den Anker geworfen. Hier gibt es große und tiefe Erlebnisse. Erst vor kurzem  haben wir Kristina hier  beerdigt. Im Moment fühle ich, dass  meine Heimat hier ist, in meinem Atelier und auf unserer Terrasse.

Trotz deines  vollen Terminkalenders hast du sofort zugesagt, ein Logo für den Prague Salon zu entwerfen. Was hat dich an diesem Konzept  gereizt?

Die Gestaltung des Logos und der Grafik hat mir viel Spaß gemacht. Ich sehe es als meinen Beitrag, den guten  Geist der Veranstaltungen und ihre Wirkung zu fördern. Ich glaube, Franz Kafka wäre glücklich. Begegnungen von meinungsstarken Menschen strahlen das aus, was unserer Welt derzeit fehlt: anspruchsvolle, freundliche, internationale, interkulturelle Beziehungen. Der Prague Salon hat das Potential, eine echte Institution zu werden.

Was denkst du über die deutsch-tschechischen Beziehungen?

Ich stelle eine spürbare Entspannung der gegenseitigen Ansichten fest. Bei meinen deutschen Freunden und Bekannten hat sich der Eindruck verfestigt, dass das Nachbarland und seine Bewohner  erstaunlich viel Interessantes zu bieten haben. Die neue politische Repräsentanz, insbesondere Präsident Petr Pavel, hat bisher einen  ungewöhnlich sympathischen Ton angeschlagen.

Dieser Artikel erschien in der sechsten Ausgabe des Printmagazins N&N Czech-German Bookmag