John Mucha

John Mucha hat seine Kindheit in einem getreuen Abbild des Pariser Ateliers seines Großvaters verbracht. Heute versucht er — wie er selbst sagt — dagegen anzukämpfen und zu widerlegen, dass Alfons Mucha als Plakatkünstler wahrgenommen wird.John Mucha hat seine Kindheit in einem getreuen Abbild des Pariser Ateliers seines Großvaters verbracht. Heute versucht er — wie er selbst sagt — dagegen anzukämpfen und zu widerlegen, dass Alfons Mucha als Plakatkünstler wahrgenommen wird.

Wenn man das Mucha-Haus auf dem Hradčanské náměstí betritt, scheint es, dass es einen verschlingt und hineinzieht. Man macht eine Zeitreise. Man passiert einen Arkadengang aus dem Jahr 1240, durch die bunten Bleiglasfenster fällt schwaches Licht und in den altertümlichen Zimmern, welche mit Muchas Bildern, persönlichen Dingen und kuriosen Gegenständen, die aus allen Ecken der Welt stammen, überfüllt sind, kommt man sich vor, als wenn man mitten im Geschehen drin wär, das noch nicht zu Ende ist…

Was ist Ihr stärkster Moment im Leben im Zusammenhang mit der Kunst?
Das Ballett. Als ich zwölf Jahre alt war, wurde ich für die Ballettschule ausgewählt. Ballett war für mich wie Elektrik. Später musste ich aus gesundheitlichen Gründen mit dem Ballett aufhören, aber ich habe immer noch viele Freunde unter den Tänzern. Zu meinem Freundes- und Bekanntenkreis gehört z. B. Darja Klimentová.

Sie sind in einem Milieu aufgewachsen, das von der Kunst und dem Schaffen Ihres Großvaters geprägt war. Hatten Sie das Gefühl, etwas Besonderes zu sein?
Wir haben zwar in einem fast getreuen Abbild von Muchas berühmten Atelier in Paris gelebt, aber ich habe dies als Junge als völlig normale Wohnung betrachtet. Hier habe ich mit meinen Mitschülern gespielt und Sport getrieben. Später war der Name Mucha eher eine Last für mich — da ich aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammte, war es undenkbar für mich, in Prag zu studieren. Ab meinem achtzehnten Lebensjahr habe ich dann in London gelebt. Dadurch, dass ich dort geboren war, hatte ich zwei Pässe und konnte somit problemlos reisen. Später habe ich meinem Vater eine Einladung geschickt, der dank mir reisen konnte.

Mucha ist von Japan bis Amerika beliebt, aber die größte Aufmerksamkeit gilt seinen Lithografien…
Seine Ölgemälde sind fantastisch, der Stil ist komplett anders. Unsere Kuratorin sagt, dass gleich mehrere Künstler in Großvater vereint waren. Ich versuche, das gelebte Stereotyp zu zerschlagen, dass Mucha nur Plakate geschaffen hat. Aktuell organisieren wir eine Ausstellung in Paris — diese Räume gehören zum Louvre. Der Direktor war absolut entzückt von Muchas Fotografien, welche er bisher noch nicht kannte.

Zu welchem Werk haben Sie eine besondere Beziehung?
Ich mag die Madonna der Lilien und ihre Geschichte. Momentan ist das Werk nicht hier, sondern auf einer Ausstellung in Schanghai. Somit ist hier derzeit nur die Rokoko-Verzierung an den Wänden zu sehen, welche üblicherweise hinter dem zwei Meter großen Bild verborgen ist. Ursprünglich hat es sich hierbei um einen Entwurf für ein Dom-Fenster gehandelt. Was auf dem Bild noch bemerkenswert ist, ist das Porträt eines ungefähr zehnjährigen Mädchens im Hintergrund. Es handelt sich um ein getreues Bildnis meiner Tante, das jedoch schon fünf Jahre vor deren Geburt entstanden ist.

Alfons Mucha hat Basare geliebt und wirklich unzählig viele Dinge gesammelt. Unter anderen hat er in einem Bett geschlafen, welches früher Ema Destinnová gehört hat…
Meine Großmutter hat nichts weggeschmissen. Sie wusste, dass ihr Mann all diese Dinge als Hintergrund benötigt hat. Sie wurden in Paris, Amerika, Zbiroh und Bubeneč gezeigt, nun sind sie hier. Nie würde ich je etwas davon verkaufen. Im Gegenteil, wenn die Stiftung über genügend finanzielle Mittel verfügt, kauft sie Werke von Mucha auf, durch welche die Sammlung vervollständigt wird. Wir haben auch viele Gegenstände, welche repariert werden müssen. Dieses Sofa z. B. befindet sich in gemalter Form auf einem Porträt meiner Großmutter. Wir versuchen, die Gegenstände und die Kunst zu vereinen. Uns ist eine gewisse Dreidimensionalität wichtig.

Text Kateřina Černá Foto Karin Zadrick