Finanzinvestor Torsten Pfeifer: China besitzt mit Hongkong etwas sehr Besonderes, was aber Diktatoren nicht schätzen können

Modern office buildings in central Hong Kong.
Torsten Pfeifer kehrte nach langjährigem Auslandsaufenthalt 2018 zurück und gründete in Erfurt die Treuenburg Group mit dem Schwerpunkt auf Immobilien und auf Venture Capital Investments. Seine Erfahrungen könnten ein Lehrbuch auch für den erfahrensten Geschäftsmann sein.

Der Hongkonger Finanzsektor verfügt über Repräsentanzen von dreiviertel der 100 bedeutendsten Banken. Dem entspricht auch das Niveau der dortigen Bürogebäuden Foto: Shutterstock

Du sagtest, die Leute bleiben in Hongkong maximal fünf Jahre, du bist mehr als sechs Jahre geblieben. Was hatte dir Hongkong gegeben? Und was hat es dir genommen? 

Sehr gute Frage. Fangen wir mit dem Positiven an. Erstmal habe ich unheimlich tolle Menschen kennengelernt und habe in einer wunderbaren Stadt gelebt. In meinem Beruf habe ich mich auf das höchste Level begeben und Hongkong hatte mir den letzten Schliff gegeben, den ich so in Europa nicht bekommen hätte. Diese Stadt ist Schmelztiegel der Kulturen – eine englisch geprägte Stadt immer noch, aber mit asiatischem Einfluss. Und von jeder Kultur lernt man – sowohl Gutes, als auch Schlechtes.

Du fragtest auch, was mir die Stadt genommen hat. Es ist wie im wahren Leben: Nehmen und Geben gehören zusammen, wie Ying und Yang. Also, die Stadt hat mir meine Ruhe genommen. Ich wusste Montag um 7 Uhr, was ich am Freitag um 11:33 Uhr machen werde. Die Woche war getaktet. Hier geht alles sehr schnell und alles muss sofort erledigt werden. Jeder ist wie auf Adrenalin, jeder Tag ist voll und jeder Abend auch. Man hat viele Einladungen, die man gar nicht alle wahrnehmen kann. Weiter, schneller, höher – das ist der Druck, unter welchem man hier auf Dauer lebt. Fern der Heimat ist man verdammt weit weg – 12.000 km von der Familie entfernt. Wenn man dort keinen Lebenspartner findet, dann ist es wirklich nur eine Station.

Könntest du mit uns deine Kultur- und Geschäftserfahrungen teilen?

Erstmal ist Japan ein wunderschönes Land mit einer einzigartigen und faszinierenden Geschichte. Meiner Meinung nach steht die japanische Kultur der deutschen eher nahe, als dass sie sich von ihr unterscheidet. Geschäfte sind geprägt von „ein Mann ein Wort“, Ehre und Disziplin. Bei den Verhandlungen beispielsweise ist die Sitzordnung wichtig: Der Gast, wenn er „ranghöher“ ist, hat immer den besten Platz, wenn er eine „niedrigere“ Stellung als der Gastgeber hat, sitzt er mit Blick zur Tür. Der „Wichtigste“ sitzt immer in der Mitte, der „Unwichtigste“ links.

Und wer entscheidet, wo wer sitzt? 

Das weiß man. Erst wenn man es dauerhaft eklatant falsch macht, ist es ein Problem. Da können die Verhandlungen schneller beendet sein, ehe sie überhaupt begonnen haben.

Und die Erfahrungen in Korea und China? 

In Korea werden viele Geschäfte abends tendenziell in fröhlicher und geselliger Runde gemacht. Erst dann kommt man zur Sache. Die Chinesen sind sehr clever, planen langfristig und exzellent. Es sind eigentlich gute Geschäftspartner. Man muss aber alles komplett schriftlich aushandeln, wie übrigens bei jedem Geschäft, aber hier extra.

Du hast auch mit Australiern und Indern Geschäfte gemacht.

Die Australier sind sehr interessant und pflegen „laid back lifestyle“, wie sie selbst sagen. Viel spielt sich draußen ab, bei gutem Essen und ebenfalls in geselliger Runde. Hier wird Angenehmes mit Geschäftlichem verbunden. Hart in der Sache, aber trotzdem „laid back“. Und ein Inder? Die Inder sind geschäftstüchtig und gute Händler.

Was wünscht du den Menschen in Hongkong heute?

Dass sie den Ort erhalten, den sie geschaffen haben, nämlich den Ort der Freiheit. Ich wünsche mir, dass die Hongkonger und die „Verteidiger“ dieses einzigartigen Ortes diesen und seine Werte in der Hoffnung erhalten, dass die Chinesen verstehen, dass die dort etwas sehr Besonderes haben, was unbedingt erhaltenswert ist.

Wie siehst du die Chancen? 

Sehr gering, weil diktatorische und autoritäre Systeme nicht die Fähigkeit haben, in den Kategorien individueller und gesellschaftlicher Freiheit zu denken.

Wann kam es zur Idee, zurückzukommen und sich einer völlig anderen Geschäftsidee zu widmen? 

Die Citi-Bank hat mir viel auf den Weg gegeben. Ich habe dort mit großartigen Menschen zusammengearbeitet, viel gelernt und ich möchte keine Sekunde dieser Zeit missen. Trotz richtig guter Geschäfte in der Citi-Bank realisierte ich jedoch mehr und mehr, dass mir die Freude an dieser Art von Geschäften abhandengekommen ist. Als ich dann begann, Immobilien in Thüringen zu kaufen, war das für mich die Erfüllung. Man muss irgendwann auf sich hören und dann einfach machen. 

Wie fandest du Deutschland, als du zurückkamst? 

Ich habe viele Jahren nicht mehr in meiner Heimat gelebt. Aber das Klima hat sich verändert. Es ist rauer gewordeN&Nbsp;- und zwar hauptsächlich in der Sprache und in einer zunehmend aggressiven Kommunikation auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen. Das „Gentlemans-Wort“ hat nicht mehr die Gültigkeit, wie es einst hatte. Nichts desto trotz ist Deutschland ein Land, in dem ich gern lebe und dessen Zukunft ich aktiv mitgestalten möchte.

Du hast ein Immobilienfond gegründet und beschäftigst nach kurzer Zeit bereits 45 Angestellte. 

Die Geschichte ist, dass ich das Geld, welches ich in meiner Kariere verdient hatte, in meiner Heimat in Immobilien investiert habe. Und 2018 habe ich den Immobilienfond Treuenburg aufgelegt. Wir sind langfristige Bestandsinvestoren in Büro- und Wohnimmobilien mit sehr guten Renditen in Thüringen und Mitteldeutschland.

Bist du offen auch für neue Investoren?

Natürlich! Wir sind auf Wachstumskurs, aber die Auswahl der Investoren ist für mich sehr wichtig. Schließlich ist es eine „Hochzeit“ auf lange Zeit. Ein solcher Schritt muss gut durchdacht sein.

Angenommen, du würdest deinen Lebensmittelpunkt noch einmal verlegen: Wie du sagtest, faszinieren dich London und Berlin. Wenn du die Wahl hättest, für welche Stadt würdest du dich entscheiden? 

Beide sind tolle Weltstädte und haben etwas Magisches für mich. Aber wenn, dann würde ich mich wahrscheinlich für Berlin entscheiden. Von Erfurt in 1,5 Stunden zu erreichen. Ich habe dort viele Freunde und Geschäftspartner. Ich würde sagen, Berlin ist weniger „posh“ und ein bisschen weniger auf Geld und Show ausgerichtet als vielleicht London, aber beide sind auf jeden Fall meine Nr. 1 Städte in Europa.

Torsten Pfeiffer

Ich komme aus der Nähe von Erfurt, wo ich eine sehr schöne Kindheit hatte. Dort habe ich eine Banklehre gemacht und nach dem Studium in Bayreuth und Stockholm bei der Deutschen Bank in London und später in Frankfurt angefangen. Abgeworben von der amerikanischen Citi-Group Bank kam ich 2013 nach Hongkong, als Managing Director für den Anleihenhandel in Asien, zuständig für 120 Sales-Leute, Händler und Strukturierer mit Hauptzentren in Tokio, Sydney, Singapur, Taipeh, Peking und Hongkong.

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