Oper und KI auf dem 9. Tschechisch-Deutschen Salon in Prag

Die Prager Art & Event Gallery Černá labuť war Gastgeber des neunten Tschechisch-Deutschen Salons. Wieder einmal brachte er außergewöhnliche Persönlichkeiten zusammen: den aus Belgien stammenden CEO von SAP Tim Kindermans, den norwegischen künstlerischen Direktor der Oper des Nationaltheaters und der Staatsoper in Prag Per Boye Hansen, die tschechische Unternehmerin und Philanthropin Francesca Kolowrat, den Direktor des tschechisch-deutschen Unternehmens Filbec Michal Malát, den Gründer des Tschechischen Wirtschaftsforums Peter Hradil und weitere.

🇨🇿 Tento článek si můžete přečíst i v češtině: Opera a umělá inteligence na 9. Česko-Německém Salonu v Praze

Für den musikalischen Prolog sorgte die Salonniére und Verlegerin Danuše Siering persönlich, indem sie die für Klavier bearbeitete Melodie Poem von Zdeněk Fibich darbot. Sie eröffnete den Salon mit einem Zitat von Giorgio Armani: „Eleganz heißt nicht, ins Auge zu fallen, sondern im Gedächtnis zu bleiben” und bemerkte diesbezüglich, dass dieses Zitat keineswegs nur für den Bereich der Mode gelte. „Ich denke, es gilt heute generell für zwischenmenschliche Beziehungen. Wir sehen täglich viele Bilder um uns herum, aber was bleibt von ihnen in unserem Gedächtnis? Was bleibt von unseren sozialen, geschäftlichen, freundschaftlichen und familiären Beziehungen? Und, Hand aufs Herz, welche Beziehung haben wir manchmal zu uns selbst? Ich würde mir wünschen, dass Sie sich an diesen Salon erinnern.”

Danuše Siering eröffnete den Salon mit einem Zitat von Giorgio Armani: „Eleganz heißt nicht, ins Auge zu fallen, sondern im Gedächtnis zu bleiben”

Der erste Gast des neunten Salons war Per Boye Hansen, der bislang in seiner Heimat Norwegen, in Deutschland und Österreich tätig war. Die Staatsoper in Prag leitet er mit Erfolg seit 2019 und sein Engagement wurde kürzlich um weitere vier Jahre verlängert. Außergewöhnlichen Anklang sowohl beim inländischen  als auch internationalen Publikum fand das vierjährige Projekt der Staatsoper in Prag Musica non grata, das weltweit anerkannte Künstlerpersönlichkeiten in die Prager Opernszene brachte und an die Einzigartigkeit des kulturellen Prags in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen erinnerte. 

Wie stolz ist der Intendant darauf? „Stolz ist nicht das Erste, was mir im Zusammenhang mit meiner Arbeit einfällt. Natürlich gibt es viele Opernprojekte und Abende, an denen der Saal voll ist, die Leute begeistert applaudieren und ich davon überzeugt bin, dass meine Arbeit die schönste der Welt ist. Das ist eine fantastische Erfahrung. Als ich nach Prag kam, musste ich den Ort berücksichtigen, an dem ich zu arbeiten begann. Einerseits ist die Oper eine internationale Kunstform, andererseits ist es aber von äußerster Wichtigkeit, den Ort und seine Geschichte gut zu kennen. Ich brauchte recht viel Zeit, um mich an das Prager Umfeld zu gewöhnen und einen Dialog mit dem hiesigen Publikum aufzubauen. Denn ausschlaggebend ist nicht, was mir gefällt, sondern was dem Publikum gefällt. Ich habe bald gemerkt, dass Prag eine große Geschichte hat, dass Musik und Oper in diesem Land eine privilegierte Stellung einnehmen und dass sie hier stärker verwurzelt sind als irgendwo sonst”, betonte Per Boye Hansen. 

Der erste Gast des Salons war Per Boye Hansen, der seit 2019 künstlerischer Direktor der Oper des Nationaltheaters und der Staatsoper in Prag ist

Er hob das historische Ereignis der Grundsteinlegung des Nationaltheaters im Jahr 1868 hervor, an dem rund 90000 Menschen teilnahmen. Er unterstrich, dass er aus einem Land komme, in dem die norwegische Nationaloper erst 1959 gegründet wurde, während das erste Opernhaus, das Operahuset, erst vor fünfzehn Jahren, im Jahr 2008, eröffnet wurde! Im nächsten Teil des Interviews ging er näher auf drei Prager Opernhäuser und ihre dramaturgischen Pläne für die kommende Saison ein – das Nationaltheater, die Staatsoper Prag und das Ständetheater, wo W. A. Mozart 1787 seinen Don Giovanni aufführte. Er betonte, dass bei aller Verantwortung gegenüber den Autoren und ihren Werken, Mut gepaart mit Innovation unerlässlich ist.

Am Ende des Interviews mit Per Boye Hansen erwähnte Danuše Siering die Persönlichkeit des deutschen Dirigenten Gerd Albrecht, des ersten Ausländers an der Spitze der Tschechischen Philharmonie, dessen Amtszeit von Problemen in der Kommunikation mit Musikern und Politikern begleitet war. Die Situation gipfelte in Albrechts vorzeitigem Abgang aus Prag. Wie sieht Per Boye Hansen persönlich die Problematik ausländischer Künstler an der Spitze tschechischer Musikensembles? „Auch ich habe anfänglich einen gewissen Widerstand erlebt. Aber das ist kein Wunder. In der Tschechischen Republik gibt es eine sehr starke nationale Kultur, und die muss man respektieren. Ich war auch der erste ausländische Intendant einer großen tschechischen Musikinstitution – und das hiesige Umfeld hat darauf reagiert, was ich erwartet habe. Übrigens wäre das auch in Norwegen nicht anders gewesen. Aber ich wurde von der Leitung des Nationaltheaters gerade deshalb nach Prag gerufen, um zu versuchen, die Oper der Welt zu öffnen. Das war mein Auftrag, und darum bin ich ständig bemüht. Das ist an sich kein Widerspruch, ohnehin hat die tschechische Musik der Welt viel zu bieten”, betonte Per Boye Hansen.

Solistin der Oper des Nationaltheaters, Magdaléna Hebousse (rechts) und ihre Klavierbegleiterin Kristina Marková mit Danuše Siering


Nach dem musikalischen Auftakt, Liedern von Richard Strauss und Antonín Dvořák in der Darbietung von Magdaléna Hebousse, Solistin der Oper des Nationaltheaters, begleitet von Kristina Marková, stellte Danuše Siering einen weiteren hochkarätigen Gast vor: den SAP-CEO für Mittel- und Osteuropa, Tom Kindermans.

„In jedem unserer Salons erklingt Musik. Wie verhalten sich künstliche Intelligenz und Kunst, insbesondere die menschliche Stimme, zueinander?”, fragte die Gastgeberin Kindermans. Künstliche Intelligenz bietet eine Fülle von Möglichkeiten – und gleichzeitig sehen einige sie als Bedrohung an, darunter Schauspieler und Sänger. Wie sieht der SAP-Manager diese Problematik? 

Die Prager Art & Event Gallery Černá labuť war Gastgeber des neunten Tschechisch-Deutschen Salons

Tom Kindermans antwortete witzig, dass KI ihm Hoffnung gebe: Er könne zwar nicht singen, aber mit Hilfe von ChatGPT vielleicht doch etwas schaffen, denn KI könne die Künste in vielerlei Hinsicht unterstützen, ohne ihnen Konkurrenz zu machen. „Als Photoshop vor 20 Jahren entwickelt wurde, hatten  Fotografen auch Angst um ihre Arbeit und dachten, das Programm würde ihrem Handwerk ein Ende bereiten. Aber ich glaube, dass die Menschen in den letzten 20 Jahren nicht kreativer waren, als gerade nach der Einführung von Photoshop. Und wenn man einen Blick in die weit entfernte Vergangenheit wirft, könnte man nach der Entdeckung des Papyrus durch die Ägypter vor viertausend Jahren meinen, dass die Maler, die ihre Bilder auf Felsen malten, verschwinden würden. Aber sie erkannten bald, dass sie ihre Bilder auf Papier überallhin mitnehmen konnten. Es war eine große Revolution, als man die Kunst überallhin mitnehmen konnte! Und bezogen auf ChatGPT, das nicht das letzte Glied in der Evolution der künstlichen Technologie ist, sehe ich das ganz ähnlich”, so Kindermans.

Was wird die Zukunft in dieser Hinsicht bringen? „Die Technologie entwickelt sich ständig weiter. Wie mein Vorredner, Hans Boye Hansen, bin ich der Ansicht, dass man, wenn man nicht fortschrittlich ist, stehen bleibt. Das gilt auch für die Innovation. Wenn wir uns in zwanzig Jahren hier in dieser netten Gesellschaft treffen würden, bin ich mir absolut sicher, dass wir über eine andere, völlig neue Technologie sprechen würden, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Vor zwanzig Jahren hätte ich hier zum Beispiel über Metaworks gesprochen. Das Wichtigste ist, dass die transformative Technologie heute das Leben von Milliarden von Menschen beeinflusst und erleichtert”, erklärte Kindermans.

Tom Kindermans, General Manager von SAP Central and Eastern Europe, spricht auf dem Tschechisch-Deutschen Salons

SAP ist das einzige europäische/deutsche Unternehmen, das in der heutigen Welt der modernen Technologie eine Schlüsselrolle spielt. Was steckt hinter diesem Erfolg? „Innovation. Und dabei geht es nicht ‘nur’ um Aktivität, sondern auch um die Einstellung. Wir müssen jeden Tag innovativ sein, nicht nur bei der Produkt- und Technologieentwicklung, sondern auch bei Kundengesprächen, Angeboten usw. Zur Innovation gehören auch die Unternehmenskultur und unsere Einstellung gegenüber unseren Mitarbeitern. Wir haben weltweit 110 000 Mitarbeiter, aber insgesamt verdienen weltweit 2,5 Millionen Menschen ihren Lebensunterhalt mit der SAP-Technologie, einschließlich Schulung und Beratung. Wir müssen ständig innovativ und kompetent in der Entwicklung neuer Technologien sein. Bei Software verhält es sich in etwa wie in der Pharmaindustrie: Man muss sehr viel Geld investieren, bevor man das erste Produkt verkaufen kann. Nicht viele Unternehmen sind dazu in der Lage”, so Kindermans. 

Der letzte Teil des Interviews von Danuše Siering mit dem SAP-CEO drehte sich um seine zahlreichen Aktivitäten auf der Plattform Linkedin. So erfuhren die Gäste zum Beispiel, dass Tom Kindermans alle seine Beiträge selbst schreibt und auf seinen Reisen, die er 200 Tage im Jahr unternimmt, die regionale Gastronomie aufsucht. Als passionierter Golfer schätzt er Prag, das er wegen seiner Golfanlagen als Golfparadies bezeichnet. Ein gutes Popkonzert bezeichnet er als Kultur, ebenso wie das tschechische Pilsner Bier, das er, obwohl er gebürtiger Belgier ist, für das beste der Welt hält.

Der offizielle Teil des Prager Salons gipfelte in der Taufe der neuen CZ-DE Bookmag N&N-Ausgabe Sommer/Herbst 2023, an der die Aristokratin und Unternehmerin Francesca Kolowrat, die von der Titelseite auf die Leser schaut, und der SAP-CEO Tom Kindermans teilnahmen.

Foto: Tomáš Železný

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