🇨🇿 Tento článek si můžete přečíst i v češtině: Image of Wonder
Sigmund Freud beschreibt in seinem Essay Das Unheimliche (1911) das Übernatürliche als etwas, das sich unruhig zwischen dem Gefühl des Vertrauten und des Fremden bewegt. Dieses Gefühl der Bewegung zwischen Objekten, zwischen Zuständen, zwischen Vergangenheit und Zukunft ist das Herzstück von Bára Prášilovás Schaffen. Ihr Werk, dessen Bilder an das Unwirkliche grenzen und doch so real sind, lässt uns die Natur der Fotografie selbst und unsere eigenen Erinnerungen, Träume und Berührungen des Lebens hinterfragen.
Durch ihren Prozess, der mit einem Objekt, einer Skizze, einem Text oder etwas noch weniger Greifbarem (einem Gedanken, einem Wort, einer Erinnerung – etwas, das den kreativen Akt und schließlich den Druck auf den Auslöser auslöst) beginnen kann, schafft Prášilová die Vorstellung von der Fotografie, die über die Fotografie selbst hinausgeht – Jugend, Sehnsucht, tiefe und vielleicht verborgene physische oder psychologische Resonanz.
Muss eine Fotografie tatsächlich “aufgenommen” werden, um zu existieren? Oder ist eine Fotografie in ihrem Wesen ein Akt des Sehens, der sich als Erinnerung im Gedächtnis festsetzt? Woran erinnern Sie sich? Was glauben Sie, woran Sie sich erinnern? Was werden Sie nie vergessen? Prášilovás Bilder sind die Dinge, die zwischen mehreren Räumen und vielleicht sogar mehreren Ichs existieren. In ihrer Arbeit geht es darum, herauszufinden, wer wir sind. Was ist Macht und Begehren? Was sind die Formen der Gefühle? Was ist Berührung und was ist Nähe? Welche Gegenstände sind schwer und welche sind leicht? Können Sie den Unterschied auf einen Blick erkennen? Wie gut sehen Sie eigentlich die Welt um sich herum? In Prášilovás Bildern geht es um diese Fragen, aber nicht um die Antworten. Es sind nämlich Bilder des Staunens. Image of Wonder.
Bára Prášilová ist seit 2004 freischaffende visuelle Künstlerin. Sie ist Trägerin zahlreicher tschechischer und internationaler Preise und hat in vielen Ländern ausgestellt. Sie erhielt zum Beispiel den Preis Hasselblad Masters 2014, Fotograf des Jahres 2009 und 2011 (Czech Grand Design) oder Clio Awards 2019 für Ihre erste Regiearbeit.
Thomas Beachdel ist Dozent für Kunstgeschichte und Architektur an der City University of New York (CUNY), Hostos. Er konzentriert sich hauptsächlich auf Ästhetik/Landschaften zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert. Derzeit arbeitet er an mehreren Buchprojekten, darunter am Buch „The Visual Culture of the Sublime in the Long Eighteenth Century“.